Werner von Siemens (1816-1892) regte den ersten Lehrstuhl der Elektrotechnik am damaligen Polytechnikum Stuttgart an. Hierzu gewann er König Karl I. von Württemberg (1823-1891), der dieses Anliegen förderte. Unter den deutschen Ländern spielte das Königreich Württemberg somit eine Pionierrolle. Den ersten Lehrauftrag erhielt der habilitierte Doktor der Physik Wilhelm Dietrich, der 1882 seine Lehrtätigkeit in Stuttgart aufnahm. Seine Vorlesungen betrafen die Stromerzeugung und Energieübertragung, elektrische Beleuchtung, Elektrolyse und die Grundzügen des Messwesens. Für Studierende des Bauwesens hielt Dietrich die Vorlesung "Telegrafie und Eisenbahnsignalwesen". Diese Vorlesung bildete den Grundstein der späteren Nachrichtentechnik.
Die Elektrotechnik war anfangs der Abteilung für Maschinenbau zugeordnet. Die 81 Quadratmeter Grundfläche im Souterrainraum des Hauptgebäudes der Hochschule an der Keplerstraße 10 mussten mit der Materialprüfungsanstalt geteilt werden. Diese Räume erwiesen sich als sehr ungesund und obwohl vermehrt verstreut Räume hinzugewonnen werden konnten, blieb die Situation unbefriedigend. ähnlich ungünstig lagen die Verhältnisse bei dem organisch-chemischen Laboratorium, das später in "Laboratorium für allgemeine Chemie" umbenannt wurde. Die Elektrotechnik erhielt den Strom über eine eigens erstellte Freileitung vom Elektrizitätswerk des Hotels Marquardt.
Nach eingehender Beratung wurde 1889 ein Antrag für einen Neubau bei der Königlichen Regierung eingereicht. Dem Anliegen wurde wegen der zunehmenden Bedeutung, die Elektrotechnik und Chemie an der Technischen Hochschule und für die Industrie im Lande hatten, zugestimmt. Nachdem die hierfür benötigten Mittel durch die Landstände bewilligt und ein günstiger Platz nahe der Keplerstraße (Breitscheidstraße 3) gefunden wurde, konnte der ersehnte Neubau 1894 und 1895 bezogen werden. Zu dieser Zeit wurde auch ein eigenständiges Diplom als Ingenieur der Elektrotechnik eingeführt.
Aufkommende neue Technologien (z.B. Telefon, Rundfunk und Fernsehen) und der sprunghafte Anstieg der Studierenden erforderten weitere Räumlichkeiten. An der Breitscheidstraße 2, genau gegenüber dem im Zweiten Weltkrieg zerstörten und wiederaufgebauten Gebäude, konnte 1960 der Neubau Elektrotechnisches Institut II bezogen werden. Zu dieser Zeit erhielt die bisher dem Maschinenwesen zugeordnete Abteilung Elektrotechnik den Status einer eigenen Fakultät.
Die stürmische Weiterentwicklung der Elektrotechnik (z.B. Mikro- und Optoelektronik, Telekommunikation, Hochfrequenztechnik, Datenverarbeitung, Energie-, Automatisierungs-, Anlage-, Solar- und Fusionstechnik) führte zu erheblichen Engpässen. Das beschränkte Platzangebot in der Innenstadt führte zum abschnittsweisen Umzug des Instituts auf den neuen Campus in Vaihingen, der 1955 gegründet worden war.
Der schon für 1970 geplante Baubeginn in Vaihingen musste jedoch mehrmals verschoben werden. Der erste Bauabschnitt ETI I am Pfannenwaldring 47 konnte erst 1983 mit einigen Instituten bezogen werden. Der Erweiterungsbau ETI II wurde im Jahre 1997 mit den restlichen Instituten, die solange noch in der Stadtmitte verblieben, bezogen. Beide neuen Gebäude konnten sich in ihrer durchdachten und qualitativ hochwertigen Bauweise allen Erfordernissen gut anpassen.
Die Entwicklung der Informatik an der Universität Stuttgart begann in der Fakultät "Natur- und Geisteswissenschaften" Ende der 1960er Jahre. Die enge Beziehung zur Mathematik, Elektrotechnik und Informationstechnik führte zu mehrfacher änderung der Zuordnung der Informatik: Bis 1975 war die Informatik dem Fachbereich Mathematik zugeordnet, danach wurde sie für drei Jahre ein eigenständiger Fachbereich. 1978 wurde die Informatik zur Fakultät Mathematik und Informatik vereint und zehn Jahre später eine eigene Fakultät. 2002 schlossen sich die beiden eigenständigen Fakultäten Elektrotechnik und Informatik zusammen.
Die Studenten der Informatik wurden viele Jahre im Industriegebiet von Vaihingen an der Breitwiesenstraße 20 bis 22 untergebracht. Die Anbindung an den Campus war schlecht und die Räumlichkeiten waren teuer gemietet. 1999 wurde beschlossen, einen Neubau auf dem Campus in Vaihingen zu errichten, auch im Hinblick auf die bevorstehende Zusammenlegung der Fakultäten Informatik und Elektrotechnik. 2003 konnte der Neubau für die Informatiker an der Universitätsstraße 38 bezogen werden.
Die Fakultät Informatik, Elektrotechnik und Informationstechnik hat ein breites Aufgabenfeld und gliedert sich heute in viele Institute:
Innerhalb der Fakultät Informatik, Elektrotechnik und Informationstechnik lassen sich deutlich vier wichtige Bauepochen an der Universität Stuttgart verfolgen:
Interessanterweise vereint das älteste Gebäude der Elektrotechnik drei dieser Epochen. Die erste Epoche ist von außen leider fast nicht mehr zu erkennen, da viele Verzierungen verschwunden sind. Die zweite Epoche lässt sich noch gut erkennen, wenn man sich die modernen Zusatzelemente aus der vierten Epoche wegdenkt.
1882 | Erste Lehrtätigkeit durch W. Dietrich im Souterrain des Hauptgebäudes der Hochschule an der Keplerstraße |
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1889 | Einreichung des Antrags für einen Neubau an der Breitscheidstraße 3 |
1894 | Neuorgansisation des Elektrotechnischen Instituts |
1895 | Fertigstellung und Bezug des Neubaus ETI an der Breitscheidstraße 2, teilweiser Einzug bereits im Herbst 1894 |
1900 | Zweite ordentliche Professur für Elektrotechnik und Neuordnung des elektrotechnischen Unterrichts |
1907 | Trennung der Vorlesungen für Elektrotechnik von den Vorlesungen zum Maschinenbau |
1944 | Fast völlige Zerstörung des Gebäudes, Wiederaufbau erfolgt in vereinfachter Form |
1955 | Gründung des neuen Campus in Vaihingen |
1956 | Pläne für einen Neubau an der Breitscheidstraße 2 eingereicht |
1960 | Bezug des Neubaus ETI II an der Breitscheidstraße 2. Elektrotechnik wird eine eigene Fakultät. Neuer Nutzer der Breitscheidstraße 3 wird die Fachhochschule für Technik |
ca. 1968 | Beginn der Informatik an der Universität Stuttgart als Fachbereich der Mathematik. Planung für Umsiedlung der Elektrotechnik nach Vaihingen |
1971 | Geplanter Baubeginn auf dem Campus in Vaihingen, Bau wird aber nicht ausgeführt |
1975 | Die Informatik wird eigenständiger Fachbereich |
1978 | Neubau in Vaihingen in zwei Bauabschnitte geplant, nur erster Bauabschnitt wird realisiert. Die Infomatik wird zur Fakultät Mathematik und Informatik vereint |
1983 | Bezug des ersten Neubauabschnitts ETI I am Pfaffenwaldring 47 durch sechs Institute der Elektrotechnik |
1985 | Neue Planung für den zweiten Bauabschnitt in Vaihingen, Bau wird nicht ausgeführt |
1988 | Informatik wird eine eigene Fakultät |
1991 | Neue Planung für den zweiten Bauabschnitt in Vaihingen. Die Breitwiesenstraße 20 bis 22 im Vaihinger Industriegebiet wird für die Studiengänge Informatik und Softwaretechnik angemietet |
1997 | Bezug des Erweiterungsbaus ETI II am Pfaffenwaldring 47 durch die restlichen sechs Institute der Elektrotechnik |
1999 | Neubau für die Informatik auf dem Campus Vaihingen beschlossen |
2002 | Die beiden eigenständigen Fakultäten Elektrotechnik und Technische Informatik schließen sich zusammen |
2003 | Bezug des Neubaus an der Universitätsstraße 38 durch die Informatik |