Als 1971 das BAföG in Kraft trat, stand in der Begründung zum
Gesetzentwurf: Der soziale Rechtsstaat, der soziale Unterschiede durch eine
differenzierte Sozialordnung auszugleichen hat, ist verpflichtet, durch Gewährung
individueller Ausbildungsförderung auf eine berufliche Chancengleichheit
hinzuwirken. Und in §1 des BAföG wird vom Gesetzgeber der Grundsatz
festgeschrieben: Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht für eine der
Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe
dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur
Verfügung stehen.
Seit dem Inkrafttreten 1971 wurden zahlreiche Änderungen
vorgenommen, es gab in dieser Zeit allein 18 BAföG-Novellen. - Nach der ersten Fassung
von 1971 wurde die Förderung noch als reiner Zuschuß gewährt. Mit den folgenden
Novellierungen wurde ein Teil der Förderung nur noch als Darlehen ausgezahlt. Heute
werden bis zu einer Förderungshöchstdauer von 50 Prozent der Förderung als Zuschuß und
50 Prozent als zinsloses Darlehen ausgezahlt, bei Überschreitung der
Förderungshöchst-dauer wird unter besonderen Umständen (Zweitstudium, abgebrochenes
Erststudium, ...) ein festverzinsliches Bankdarlehen gewährt. Dieses muß innerhalb von
20 Jahren nach Ende der Auszahlzeit zurückbezahlt werden, wobei die Rückzahlpflicht
schon sechs Monate nach Ende der Förderungszeit beginnt.
Während der Förderzeit wird die Förderungswürdigkeit
durch Leistungsnachweise überprüft. Der Maßstab für die Förderungswürdigkeit ist der
Vollzeitstudent mit durchschnittlichen Studienfortschritten. Die
Förderungshöchstdauer wurde mit der 18. BAföG-Novelle pauschal der Regelstudienzeit des
betroffenen Studienganges angepaßt. Bei absehbarem Abschluß des Studiums wird eine
Studienabschlußförderung für maximal 12 Monate als verzinsliches Bankdarlehen gewährt.
In Härtefällen, wie Krankheit, Schwangerschaft oder Gremientätigkeit, kann die
Förderungshöchstdauer verlängert werden.
Die Förderungshöhe bzw. -berechtigung ist abhängig vom
anzurechnenden eigenen Einkommen, dem Vermögen des Ehepartners sowie dem der Eltern
(familienabhängige Förderung). Der monatliche Förderbetrag wird über die
BAföG-Freibeträge und willkürlich festgelegte Bedarfssätze ermittelt. Die
unzureichende Anpassung der BAföG-Parameter an die realen Preisentwicklungen und die
Bedürfnisse seit 1971 hat dazu geführt, daß 1994 den durchschnittlichen Ausgaben eines
Studierenden (ledig, außerhalb des Elternhauses wohnend, im Erststudium) von ca. 1.231
DM/mtl. ein BAföG-Bedarfssatz von bisher 995 DM und künftig 1.010 DM
(Förderhöchstsatz) gegenübersteht. Weiter ist durch Unterlassung der Anpassung der
Freibeträge an die Steigerung der Einkommen und die Inflation die Zahl der Geförderten
relativ zur Zahl der Studierenden, aber auch absolut stark gesunken. Der Anteil der
Teilgeförderten an der Gesamtzahl der BAföG-Geförderten ist steigend, so daß zuletzt
1994 nur 17,6 Prozent der Studierenden BAföG erhielten und davon nur 28,3 Prozent den
Förderungshöchstsatz, diese Zahlen lagen zum Beispiel 1982 noch bei 30,1 Prozent und
30,5 Prozent.
Die unzureichende Bemessung der Bedarfssätze und die geringe
Zuteilung der Förderung durch zu niedrig angesetzte Freibeträge hat zur Folge, daß
immer mehr Studierende neben ihrem Beruf Studium zur Finanzierung ihres
Lebensunterhaltes arbeiten müssen. 61 Prozent der Studierenden (alte Bundesländer)
jobben heute auch während der Vorlesungszeit. Der Anteil der Einnahmen aus Erwerbsarbeit
von Normalstudenten ist von 19 Prozent 1982 auf 28 Prozent 1994 gestiegen, im
gleichen Zeitraum fielen die Einnahmen aus dem BAföG von 25 Prozent auf nur noch 13
Prozent. Die Erwerbstätigkeit der Studierenden verlängert die Studiendauer (über die
Förderungshöchstdauer hinaus) und reduziert für BAföG-Empfänger die zum Studium
effektiv nutzbare Förderdauer. Auch die soziale Herkunft der Studierenden (alte Länder)
hat sich zwischen 1982 und 1994 verschoben. Während der Anteil der Studierenden aus hohen
(Bezeichnung aus der 14. Sozialerhebung des DSW) Schichten in den alten Bundesländern von
18 Prozent auf 27 Prozent stieg, fiel der Anteil aus niedrigen Schichten von 23 Prozent
auf 14 Prozent.
Das BAföG ist auch nach der Neuregelung nicht mehr in der
Lage, den bei seiner Einführung formulierten Anspruch auf berufliche
Chancengleichheit der jungen Menschen zu erfüllen. - Nicht erst die Einführung von
Studiengebühren, sondern schon die unzureichende Ausbildungsförderung begrenzen die
Studienmöglichkeiten von Kindern aus einkommensschwachen und kinderreichen Familien und
führen so zur sozialen Selektion an den Hochschulen.
Resolution zur BAföG-Reform
Die Asten aus Aachen, Bonn, Dortmund, Düsseldorf und Wuppertal hatten im Vorfeld
der aktuellen BAföG-Novelle eine Resolution erarbeitet, die bundesweit von vielen
Studierendenvertretungen unterstützt wurde Auch die FaVeVe und die LandesAstenKonferenz
Baden-Württemberg hatten sich den Forderungen angeschlossen. Der vollständige Text der
Resolution ist auch weiterhin im Hellblauen Nilpferd einsehbar.
(Siehe dazu auch: Uni-Senat
unterstützt Forderung der Studierenden in der Rubrik Studium und
Lehre)
KONTAKT
Arbeitskreis Hochschulpolitik der FachschaftsvertreterInnenVersammlung im
Hellblauen Nilpferd, Pfaffenwaldring 57, 70550 Stuttgart; Tel.: 0711/685-2004
e-mail: info@faveve.uni-stuttgart.de
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