Die am Sonderforschungsbereich beteiligten Arbeitsgruppen
verfolgen unterschiedliche Ziele:
Die physikalisch orientierten Gruppen sind daran interessiert, effiziente numerische
Verfahren für ihre speziellen Fragestellungen zu erarbeiten und einzusetzen. Beispiele
sind Akkretionsphänomene in der Astrophysik, Struktur und Dynamik von Quasikristallen,
Verhalten von Schüttgütern, Vielteilchenprobleme in der Quantenmechanik sowie
allgemein-relativistische Phänomene bei Neutronensternen und Schwarzen Löchern. Ein
Schwerpunkt ist dabei die Weiterentwicklung von Teilchenmethoden.
Die beteiligten Mathematiker verbessern einerseits die Modelle für die physikalischen
Problemstellungen, andererseits entwerfen und analysieren sie numerische Algorithmen und
implementieren diese auf den unterschiedlichen Rechnersystemen. Schwerpunkte sind
neuartige Teilchenmethoden, adaptive Mehrgitterverfahren und optimale Zeitintegratoren
für dynamische Systeme.
Die Informatiker arbeiten an der Parallelisierung und Visualisierung unter besonderer
Berücksichtigung neuer massiv paralleler Rechnerarchitekturen. Dadurch, daß die
Arbeitsbereiche Graphische Datenverarbeitung und Technische Informatik in dem
naturwissenschaftlich orientierten Sonderforschungsbereich mitwirken, ist sichergestellt,
daß neueste Forschungsergebnisse und Implementierungstechniken aus der Informatik
eingesetzt werden. In beiden Gebieten geht es darum, die im Sonderforschungsbereich an
neuen Problemstellungen und in neuer Supercomputerumgebung gefundenen Algorithmen zu
verallgemeinern und in einer hardware-unabhängigen Form einzusetzen.
Bis September 1998 soll eine Nachwuchsgruppe im Bereich Numerische Mathematik
eingerichtet werden.
Als Beispielprojekt sei angeführt, wie das mechanische Verhalten von Festkörpern auf
atomarer Ebene numerisch simuliert wird. Man baut sich hierbei einen Festkörper im
Rechner auf, indem man Atomkoordinaten vorgibt und Modellkräfte zwischen den Atomen
wirken läßt. Sodann setzt man das System in Bewegung, d.h. man berechnet über die
Newtonschen Bewegungsgleichungen die Bahn eines jeden einzelnen Atoms unter der
Kraftwirkung seiner Umgebung. Die Simulationstechniken erlauben es, eine konstante
Temperatur und einen konstanten Druck einzustellen und äußere mechanische Kräfte
anzuwenden. Die Abbildung zeigt, wie sich ein Riß in einer speziellen
Festkörperstruktur, einem Quasikristall, ausbreitet, wenn man vertikal daran zieht. Durch
Analyse von Bildsequenzen erfaßt man den Mechanismus der Rißausbreitung (hier emittiert
die Rißspitze eine Versetzung, welcher der Riß folgt).
In diesem Projekt wird ein Programm entwickelt, mit dem eine möglichst große Zahl von
Atomen in möglichst langer Zeit auf einem Supercomputer simuliert werden kann. Mit dem
vorliegenden Programm konnten schon Festkörper mit 1.2 Milliarden Atomen simuliert
werden. Es ist somit absehbar, daß man bald nicht nur atomare Cluster, sondern
makroskopische Proben rechnen kann.
(Tübingen/Stuttgart)
Sprecher:
Prof. Dr. Hanns Ruder, Universität Tübingen
Geschäftsstelle:
Almut Wahl, Institut für Astronomie und Astrophysik, Abteilung Theoretische Astrophysik,
Auf der Morgenstelle 10C, 72076 Tübingen
Tel: 07071/2977575
Fax: 07071/295889
E-Mail: sfbk@tat.physik.uni-tuebingen.de
Universität Tübingen:
- Institut für Astronomie und Astrophysik, Abteilung Theoretische Astrophysik
- Institut für Theoretische Physik
- Mathematisches Institut
- Wilhelm-Schickard-lnstitute für Informatik, Abteilungen Technische Informatik und
Graphisch-lnteraktive Systeme
Universität Stuttgart:
- Institut für Theoretische und Angewandte Physik
- II. Institut für Theoretische Physik
- III. Institut für Theoretische Physik
- Institut für Computeranwendungen I
- Institut für Computeranwendungen II
- Rechenzentrum der Universität Stuttgart (RUS), Abteilung Visualisierung
Laufzeit: 1. Juli 1994 (Beginn), seit 1. Januar 1998 zweite
Förderphase