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Stuttgarter unikurier Nr.79/Juni 1998
Sonderforschungsbereich 412

Rechnergestützte Modellierung und Simulation zur Analyse, Synthese und Führung verfahrenstechnischer Prozesse

(Computer Aided Modeling and Simulation for Analysis, Synthesis and Operation in Process Engineering)

 

Den strengen Vorschriften zur Sicherheit und zum Umweltschutz und den höheren Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit der verfahrenstechnischen Produktion muß man heute durch eine stärkere stoffliche und energetische Vernetzung der in der Chemie und in der verarbeitenden Industrie zum Einsatz kommenden Anlagen begegnen. Das damit verbundene komplexe Prozeßverhalten erfordert genauere und leistungsfähigere Verfahren zur Analyse, Synthese und Führung verfahrenstechnischer Prozesse.

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Den Werkzeugen der mathematischen Modellierung und Simulation kommt bei der Bearbeitung der sich daraus ergebenden Aufgabenstellungen eine wachsende Bedeutung zu. Sowohl in der Verfahrenstechnik als auch in der Bioprozeßtechnik besteht allerdings heute noch ein deutlich sichtbarer Modellierungsengpaß, der einerseits auf die Komplexität des Zusammenspiels der physikalisch-chemischen und biologischen Teilvorgänge und andererseits auf die breite Vielfalt der verfahrenstechnischen Grundoperationen und Apparate zurückzuführen ist.

 

Zwei Schwerpunkte
Die Forschungsarbeiten des SFB gliedern sich in einen system- und methodenorientierten Schwerpunkt sowie einen anwendungsorientierten Schwerpunkt. Beide Schwerpunkte basieren auf einem breiten Fundament von Grundlagen aus den Bereichen der Natur- und Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der numerischen Mathematik sowie der Systemtheorie.

Im anwendungsorientierten Schwerpunkt werden verschiedene Prozesse aus den Bereichen der chemischen, thermischen, mechanischen Verfahrenstechnik sowie der Bioprozeßtechnik untersucht. Exemplarisch soll an dieser Stelle das Projekt „Methoden zur Vereinfachung komplexer Modelle am Beispiel von Blasensäulenreaktoren" vorgestellt werden.

 

Blasensäulenreaktoren
Blasensäulenreaktoren werden für Hydrierungen, Chlorierungen oder Partialoxidationen eingesetzt. Ein Anwendungsbeispiel ist die Hydrierung von Pflanzenölen zur Herstellung von Margarine. Blasensäulenreaktoren werden aber auch zum Beispiel in Kläranlagen zur Sauerstoffzufuhr für Mikroorganismen verwendet. Das Prinzip eines Blasensäulenreaktors beruht auf den nach oben aufsteigenden Blasen, die dabei in einem ständigen Stoffaustausch mit ihrer Umgebung stehen. Die dreidimensionalen Simulationsergebnisse einer mathematischen Modellierung der Vorgänge in einem solchen Blasensäulenreaktor zeigt die Abbildung unten. Links (dynamic) ist der Zustand der Strömung zu einem bestimmten Zeitpunkt dargestellt; rechts (long time averaged) das Ergebnis einer Langzeitmittelung der Geschwindigkeitsprofile .

 

Reduktion der Komplexität
Die gezeigten Simulationsergebnisse stellen nur das hydrodynamische Verhalten der Blasen dar. Um nun auch einen Blasensäulenreaktor mit Reaktionen und Stoffaustausch zu berechnen, muß das vorliegende mathematische Modell vereinfacht werden, da der Berechnungsaufwand für ein vollständiges Blasensäulenreaktor-Modell zu groß wäre.

Hierfür wurde ein aus mehreren Zonen bestehendes reduziertes Modell basierend auf dem komplexen Modell entwickelt. Die Vermischungsströme wurden mit Hilfe der Langzeitmittelungen der dreidimensionalen Strömung berechnet. Es stellte sich heraus, daß auch mit dem reduzierten Blasensäulenreaktor-Modell das Verhalten des Prozesses zufriedenstellend beschrieben werden kann.

Breit angelegte Aktivitäten auf der methodischen Seite bilden eine solide Basis, um im Rahmen des anwendungsorientierten Bereichs konkrete Aufgabenstellungen der Prozeßauslegung und Prozeßführung zu bearbeiten.

Grundlage aller Untersuchungen, die diese Apparate betreffen, muß stets ein fundiertes Prozeßverständnis sein, das nur durch eine sorgfältige Analyse detaillierter und experimentell verifizierter Prozeßmodelle gewonnen werden kann.

Die Untersuchungen zum Projektbereich Prozeßführung werden in der zweiten Phase des SFB 412 in Angriff genommen.

 

SFB 412

Sprecher:
Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Ernst Dieter Gilles, Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik

 

Geschäftsstelle:
Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik, Pfaffenwaldring 9, 70550 Stuttgart
Tel.:0711/685-6300
Fax: 0711/685-6371

http://www.isr.uni-stuttgart.de/sfb412/

 

Universität Stuttgart:

  • Institut für Chemische Verfahrenstechnik
  • Institut für Kunststofftechnologie
  • Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik
  • Institut für Bioverfahrenstechnik
  • Institut für Technische Thermodynamik und Thermische Verfahrenstechnik
  • Institut A für Mechanik
  • Institut für Mechanische Verfahrenstechnik
  • Institut für Computeranwendungen

 

Laufzeit: 1996 (Beginn) bis Ende 1998, ab 1999 bis 2001 zweite Förderungsphase beantragt

 


last change: 09.06.98 / eng
Pressestelle der Universität Stuttgart

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