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Einst flog ein Ei…
Noch gut erinnere er sich der Zeit, als Fachschaften und Fachschaftsvertretungen für Universitäten und Ministerien keine Selbstverständlichkeit waren, sagte Prof. Karl-Heinz Hunken. Und auch an die Studentenunruhen in den 1980er-Jahren erinnerte sich der Altrektor, zu deren Höhepunkt an der Uni Stuttgart „ein Eiwurf zählte, der den Rektor treffen sollte und den Stellvertreter des Kanzlers traf“. Den Gründungsvätern der unabhängigen Studierendenvertretung sei man zu Dank verpflichtet, betonte Hunken: „Diese haben der Universität und den Studierenden einen großen Dienst erweisen.“ Angesichts des immer schlechter werdenden Betreuungsverhältnisses zwischen Lehrenden und Studierenden sei die Arbeit der FaVeVe heute notwendiger denn je. Die Aktiven bat Hunken: „Nutzen sie jeden Kontakt zu Personen im politischen Raum, um die Probleme an der Universität anzusprechen.“ Mit ihrem jugendlichen Schwung hätten sie die Chance, zu überzeugen. Nicht passend zu ihrem „selbstlosen Einsatz“ befand der Altrektor die strikte Ablehnung der Studiengebühren. Man sollte viel eher über deren Modalitäten diskutieren, so sein Wunsch.
… wollte man wissen, wie die Welt funktioniert
Von einer „großen Niederlage“ sprachen ehemalige FaVeVe-Aktive angesichts der Studiengebühren und von „einer Welt, in der alles nur über das Geld geregelt wird“. Vor 25 Jahren hätten sie nicht nur für den Beruf studiert, sondern auch mit Lehrern und Kommilitonen überlegt, wie die Gesellschaft in der Zukunft aussehen könnte. Und der damalige BWl-Student wollte nicht „das große Geld machen“, sondern „wissen, wie die Welt funktioniert“. Heute würden die Jugendlichen schnell durch die Schule geschleust und in Turbostudien zum Bachelor gebracht, um dann auf einen Arbeitsmarkt zu treffen, der sie nicht braucht. Der Uni Stuttgart komme als technisch geprägter Universität eine besondere Aufgabe bei der Gestaltung der Zukunft zu, so die Ehemaligen, denn wenn der Mensch auf seine Funktion reduziert werde, sei er durch Roboter ersetzbar.
Heute: Ein guter Informationsaustausch …
„Ich bin sehr stolz auf die FaVeVe“, betonte Uni-Rektor Prof. Dieter Fritsch. Immer wieder habe die Studierendenvereinigung wichtige Impulse und Anregungen gegeben, um die Uni voranzubringen. Alle vier Wochen trifft man sich zu einem „sehr guten Informationsaustausch“, und dank des ständigen Dialogs habe man viel erreicht: „Wir haben heute das richtige Miteinander gefunden und die Weichen für die Uni gestellt.“ Der 1990 auf Antrag der FaVeVe eingeführte Preis für studentisches Engagement ging im letzten Jahr an den Arbeitskreis Bildung, der mit Veranstaltungen und einer Podiumsdiskussion zur Transparenz bei der Diskussion um die Einführung von Studiengebühren mit beigetragen hat*). Unverzichtbar, so Fritsch, sei die FaVeVe als Anlaufstelle für die Erstsemester, und auch bei vielen anderen Projekten sei sie „mit im Boot“, wie bei der Evaluation der Lehrveranstaltungen, der Einführung neuer Medien, dem Projekt Campusverschönerung, der Chipkarte für Studierende oder dem Service des Studiensekretariats.
… geht der FaVeVe die Arbeit nicht aus
„Wir haben nie die Mehrheit, aber die Vernünftigen hören auf uns“, erzählte Malte Fiebing aus der aktuellen Arbeit der FaVeVe. Studi-Ticket, Erstsemesterbetreuung, Partys und vieles mehr, „wir leisten Dinge, die die Uni nicht kann, darf oder tun will“, und willkommen sei jeder und jede. Die Diskussion um die Studiengebühren habe Spuren hinterlassen, aber man werde der Uni genau auf die Finger sehen, „was mit unserem Geld passiert“, sei man doch nun Kunde, und „der Kunde ist König“. Ob elektronischer Studentenausweis oder die Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge, die Arbeit geht nicht aus. Mit Blick auf die Studierenden, die nach Einführung der Studiengebühren vielleicht keine Zeit mehr für das ehrenamtliche Engagement haben, fragte Fiebing: „Sollten wir ab 2007 jedes Jahr ein Fest machen, denn vielleicht sterben wir aus?“ Allerdings, „so Verrückte wie uns wird es immer geben“, und wie ein Pflasterstein alleine noch nichts sei, so werde aus vielen doch eine Straße: „Auf diese Steine können Sie bauen!“
Julia Alber
*) Siehe dazu
unikurier
Nr. 96, 2/2005, S. 26f.
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