Heuss-Vorlesung


Alice Schwarzer und Elly Heuss-Knapp

Alber, Theodor-Heuss-Gedächtnis-Vorlesung, 19.12.12
Am 13. Dezember war Alice Schwarzer zu Gast an der Universität Stuttgart. Im mit rund 600 Menschen nahezu vollbesetzen Audimax (17.01) sprach sie im Rahmen der  Theodor-Heuss-Gedächtnisvorlesung der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus und der Universität Stuttgart über „Fortschritte und Rückschritte in der Frauenemanzipation – Wofür Elly Heuss-Knapp heute kämpfen würde“.
 
Alice Schwarzer bezeugte großen Respekt vor Elly Heuss-Knapp: „Sie war eine beeindruckende Frau und ließ sich nicht vereinnahmen.“ Für die Frauenquote und die Erweiterung der Mütterrente würden sie sich gemeinsam einsetzen, nimmt Schwarzer an. Das gleiche gelte für den Kampf gegen Betreuungsgeld und die Salonfähigkeit von Prostitution. Alice Schwarzer vermutet, dass Elly Heuss-Knapp gute Slogans für entsprechende Kampagnen hätte, in Anspielung auf die Erfolge von Heuss-Knapp als Werbetexterin. Sie entwarf unter anderem für ein bekanntes Waschmittel den Werbeslogan, der sich bei Schwarzer so tief eingeprägt hat, dass sie sich auch heute beim Einkauf noch immer für dieses eine Produkt entscheidet.
 
Alice Schwarzer bekam großen Beifall für ihren Vortrag. An der anschließenden Diskussion, zu der sie einlud, beteiligten sich viele Zuhörer. Prof. Wolfram Ressel, der zu Beginn ein Grußwort gesprochen hatte, übernahm spontan die Aufgabe, den jeweiligen Sprechern das Mikrofon zu bringen. Alice Schwarzer dazu: „Sie sind jetzt mein Lieblingsrektor.“

 

Alice Schwarzer, die Mitbegründerin der Zeitschrift Emma, zählt zu den prominentesten Publizistinnen Deutschlands. 1942 in Wuppertal geboren, absolvierte sie erst eine kaufmännische Lehre, studierte dann in Paris Sprachen, anschließend Psychologie, und arbeitete als freie Korrespondentin für Funk- und Printmedien. Seit 1970 engagiert sie sich in der Frauenbewegung. Ihre Kampagnen gegen den § 218 des Strafgesetzbuches und die Diskiminierung von Frauen erregten Aufmerksamkeit. Alice Schwarzer hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet.
 
Elly Heuss-Knapp, 1881 in Straßburg geboren, war Politikerin, Sozialreformerin und Mitbegründerin des Müttergenesungswerks. 1908 heiratet die Lehrerin und studierte Volkswirtschaftlerin Theodor Heuss, 1910 wird Sohn Ernst Ludwig geboren. Elly Heuss-Knapp bleibt berufstätig, unterrichtet, schreibt für Zeitungen, hält Vorträge, kandidiert 1919 für den Reichstag. Während der Zeit des Nationalsozialismus wird das Haus Heuss zum Treffpunkt für Gegner und Verfolgte des Regimes. Da ihr Mann Berufsverbot hat, ernährt Elly Heuss-Knapp mit ihrer Arbeit in der Werbung die Familie. Nach dem Krieg engagiert sie sich als Landtagsabgeordnete in Baden-Württemberg dafür, dass Schulkinder jeden Tag mindesten eine warme Mahlzeit bekommen und Schulklassen maximal 50 Schüler haben. Zusammen mit ihrem Mann wirkt sie an der Gründung des Deutschen Rats der Europäischen Bewegung mit, dessen Vizepräsidentin sie wird, und 1950 gründet sie zusammen mit Antonie Nopitsch das Deutsche Müttergenesungswerk. Elly Heuss-Knapp liebevoll „Landesmutter“ genannt, stirbt 1952. Ihr Grab ist auf dem Waldfriedhof in Stuttgart.
 
Die Theodor-Heuss-Gedächtnis-Vorlesung, bei der Persönlichkeiten aus Wissenschaft und öffentlichem Leben über ein Thema der Zeitgeschichte reden, erinnert jedes Jahr an Theodor Heuss, den ersten Präsidenten der Bundesrepublik, der zeitweise an der damaligen Technischen Hochschule lehrte und am 12. Dezember 1963 verstarb.
 
Donnerstag, 13. Dezember, 19 Uhr
Hörsaal 17.01
Keplerstraße 17