Um der mit großer Sorge beobachteten abnehmenden Attraktivität für
qualifizierte Studierende aus dem Ausland entgegenzuwirken, erweitert die Universität
Stuttgart quer durch alle Disziplinen die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen
Lehre, Forschung und Weiterbildung. Die Universität kann auf zahlreichen gewachsenen
Partnerschaften, Institutsvereinbarungen und formellen Austauschprogrammen mit
Universitäten in aller Welt aufbauen, sie bleibt jedoch dabei nicht stehen. Mit neuen
Angeboten und strukturellen Maßnahmen reagiert die Universität, die im übrigen bereits
seit 15 Jahren den weltweit begehrten Aufbaustudiengang Infrastructure
Planning anbietet, auf die Notwendigkeit, für ausländische Studierende und auch
für Wissenschaftler attraktiver zu werden.
Uni fördert internationale Studiengänge
Jüngster Baustein der aktuellen Internationalisierungsinitiative ist der in diesem
Semester mit 20 ausländischen und 16 deutschen Studierenden erfolgreich angelaufene
zweisprachige Studiengang WAREM (Water Resources Engineering and Management). Mit weiteren
internationalen Studiengängen im zweiten Studienabschnitt, also vom Bachelor zum Master,
will die Uni Stuttgart vor allem die künftigen Eliten des Auslands nach Deutschland
locken. Der Verwaltungsrat hat im November ein Rahmenprogramm für fünf Jahre in einem
Gesamtumfang von 1,5 Millionen DM pro Jahr beschlossen, in dem Masterstudiengänge
gefördert werden sollen. Eine vom Rektorat eingesetzte Kommission zur Vorbereitung
solcher Studiengänge soll insbesondere interdisziplinäre Angebote erkunden und
empfehlen, wie sie sich zum Beispiel aus den Bereichen Computer Science,
Materialwissenschaften, Umwelttechnologien, Energietechnik, Produktionstechnik,
Bioverfahrenstechnik oder anderen ergeben können.
In solchen Studiengängen werden wie bei WAREM Ausländer und
Deutsche gemeinsam studieren; so können Freundschaften entstehen, auf deren Basis
weltweite Netze mit Leben erfüllt werden. Und so lernen auch die Stuttgarter Studierenden
andere Kulturen und Denkweisen kennen; auf den globalen Wettbewerb sollen sie zudem
künftig durch ein Pflichtsemester im Ausland vorbereitet werden.
Englischsprachiger Unterricht - Dissertationen in
jeder Sprache
Doch nicht nur mit neuen Studiengängen versucht die Universität, die Attraktivität für
junge Leute aus aller Welt zu steigern. Auch der Einstieg in das bestehende Studienangebot
soll dem Nachwuchs aus dem Ausland erleichtert werden. Die Uni Stuttgart arbeitet hier in
zwei Richtungen: Besonders in den Anfangssemestern werden englischsprachige
Lehrveranstaltungen angeboten; verstärkt wird zudem der begleitende Deutschunterricht.
Die Fakultäten sind aufgerufen, Englischkomponenten auch in
kleinen Schritten in die Vorlesungen und Übungen einzubauen - von zweisprachigen Folien
über englische Textbücher bis zum Unterricht und zu Prüfungen in englischer Sprache.
Gleichzeitig wird der Deutschunterricht für die ausländischen Gäste intensiviert, und
zwar vor Studienbeginn und studienbegleitend; der Lehrbereich Deutsch als Fremdsprache
wird ausgebaut. Und Dissertationen können ab sofort auch ohne das frühere aufwendige
Genehmigungsverfahren in jeder Fremdsprache vorgelegt werden, sofern die
Prüfungskommission zustimmt.
Darüber hinaus werden künftig Unterrichtseinheiten nach dem
Credit-Point-System bewertet (für die Studiengänge Elektrotechnik und Architektur liegen
bereits entsprechende Broschüren vor), und für erworbene Credits werden Zertifikate
vergeben.
Servicepaket erleichtert den Einstieg
-Paten als Ansprechpartner
Eine wichtige Rolle spielt in Anlehnung an angelsächsische Gepflogenheiten die soziale
Betreuung der ausländischen Gäste. Diese beginnt mit der Unterkunft und der parallelen
Sprachausbildung und reicht bis zur persönlichen Betreuung im kulturellen Bereich. Als
ersten Schritt in diese Richtung wird das Studentenwerk künftig ein Servicepaket für
ausländische Studierende anbieten, das für einen Pauschalpreis Wohnung, Verpflegung in
der Mensa und - wenn gewünscht - Krankenversicherung abdeckt. Für eine intensive
persönliche Betreuung und als Ansprechpartner für alle Fragen des täglichen Lebens wird
die Uni Stuttgart studentische Mitarbeiter als Paten einsetzen
Weiterbildung - Internationalität ist seit langem
geübte Praxis
Um auch die besten Doktoranden aus aller Welt anzuziehen, wird Englisch in den von der DFG
eingerichteten Graduiertenkollegs als Unterrichtssprache einziehen. Übrigens ist
Internationalität in der Weiterbildung sowohl für den wissenschaftlichen Nachwuchs als
auch für Fachleute aus der Praxis an der Uni Stuttgart in vielen Disziplinen schon seit
langem geübte Praxis. Erst im November lief beispielsweise am Institut für
Bioverfahrenstechnik ein europäischer Kurs für Nachwuchswissenschaftler und Anwender aus
der Industrie in dem neuen Arbeitsfeld Quantitative Physiology and Metabolic
Engineering mit Anwendungsgebieten in der Verbesserung biotechnischer
Produktionsprozesse, in der Umweltbiotechnologie sowie in zahlreichen biomedizinischen
Problemstellungen. Ebenfalls im November lief an der Uni Stuttgart eine
Intensivstudienwoche im Rahmen der europaweit angebotenen Aufbaustudiengänge
Verkehrsplanung und Verkehrswesen für Fachleute vorwiegend aus den
Niederlanden und Großbritannien. Das berufsbegleitend angebotene Studium schließt mit
dem Master of Science ab. Stuttgarter Partner für das von der englischen
Nottingham Trent University und der niederländischen Noordelijke Hogeschool Leeuwarden
initiierte Studienangebot ist das Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen; weitere
Hochschulen aus sieben europäischen Ländern sind beteiligt.
Auch die Politik ist gefordert
Im Ausland wird das Studium an deutschen Universitäten oft als zu lang und zu wenig
strukturiert empfunden. Hier gibt es einige Bereiche, die die Universitäten und eben auch
die Universität Stuttgart aus eigener Kraft beeinflussen können, und andere, in denen
die Politik gefordert ist. Unter anderem gilt es, das Durchschnittsalter der deutschen
Absolventen zu senken. Dazu kann die - der Realität entsprechende und im Ausland häufig
praktizierte - Differenzierung zwischen Teilzeit- und Vollzeitstudierenden beitragen;
entsprechende Vorstöße in der Politik blieben bisher allerdings erfolglos. Vorbereitende
Überlegungen gibt es an der Universität Stuttgart auch zu einem neuen
berufsqualifizierenden Abschluß in Form eines Bachelor.
Ein wichtiger Aspekt sind die leider immer noch existierenden
bürokratischen Hürden für ausländische Studierende und Wissenschaftler. Wenn
Deutschland wirklich Partner der Welt sein will, müssen unter anderem die
Einreisebestimmungen entbürokratisiert werden, muß die Anerkennung ausländischer
Bildungsabschlüsse erleichtert werden und es muß den ausländischen Gästen neben ihrem
Studium auch eine Erwerbstätigkeit gestattet werden.
Internationalisierung in Zusammenarbeit mit der
Wirtschaft
Das Thema Internationalisierung hat sich nicht nur zu einem Schwerpunkt an der
Universität Stuttgart entwikkelt; es hat die Dimension einer gesamtgesellschaftlichen
Diskussion erreicht, die in dem Bemühen der Wirtschaft dieses Landes gipfelt, erhebliche
Mittel bereitzustellen, um zusätzliche Programme auf der Basis privater Einrichtungen zu
initiieren. Die Universitäten Stuttgart, Tübingen und Hohenheim erkennen hier eine
Chance, über eine Kooperation mit der Wirtschaft in Form einer private public
partnership das Internationalisierungsprogramm Baden-Württembergs nachhaltig zu
stärken. Hierzu wurde von den Rektoren ein Modell entwikkelt, das eine von der Wirtschaft
gegründete Internationale Universität mit dem Namen Stuttgart Institute of
Management and Technology (SIMT) vorsieht, in dem die Leitungsgremien mit Vertretern
aus Wirtschaft und Universitäten besetzt sind. Das SIMT soll im Herbst 1999 mit dem
Studiengang Masters of International Management starten. Weitere, ebenfalls
besonders auf den Bedarf ausländischer Studierender zugeschnittene Studiengänge folgen.
Für diese Studiengänge werden zwar - wie im Ausland üblich - Gebühren erhoben, dafür
können sie jedoch in der Lehre deutlich besser ausgestattet werden, zum Beispiel mit
Professoren aus dem Ausland als native speakers. Zudem bieten sich interessante Formen der
Zusammenarbeit mit den staatlichen Einrichtungen an, von denen alle Seiten profitieren
werden. Die Landesregierung unterstützt dieses Konzept, und man kann nur hoffen, daß
sich hieraus ein weiterer Eckpfeiler des Gesamtprojekts Internationalisierung des
Studiums entwickeln wird.
Lesen Sie im folgenden, was an
Internationalisierungsbausteinen an der Uni Stuttgart bereits vorhanden ist -
das ist eine ganze Menge -und was in naher Zukunft umgesetzt werden soll.
/zi
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